DAS HAUS DER MONSTER: Gruselroman

DAS HAUS DER MONSTER: Gruselroman

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eBooküberarbeitete Ausgabe (überarbeitete Ausgabe)

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Overview

Es gibt ihn in jeder Kleinstadt: Den verrückten alten Sonderling, der allein in einem unheimlichen Haus lebt, das fast so heruntergekommen ist wie er selbst. In dem englischen Städtchen Thetford ist sein Name John Coal. Aber als die Jungen aus der Nachbarschaft anfangen, dem eigenbrötlerischen Alten immer dreistere Streiche zu spielen, müssen sie feststellen, dass sie sich mit dem Falschen angelegt haben. Denn John Coal hat mehr als eine Leiche im Keller. Zu den dunklen Geheimnissen, die er bewahrt, zählen seine Abenteuer mit Serienmördern, Werwölfen, Dämonen, Geistern und manisch-depressiven Vampiren. Und es wäre ein Fehler, einen Mann zu unterschätzen, der all dies überlebt hat … Der britische Autor Danny King erzählt John Coals geheimnisvolle Lebensgeschichte in vier Episoden: düster, spannend und mit viel schwarzem Humor.

Product Details

ISBN-13: 9783958351844
Publisher: Luzifer-Verlag
Publication date: 04/19/2024
Series: Das Haus der Monster , #1
Sold by: Bookwire
Format: eBook
Pages: 328
File size: 2 MB
Language: German

About the Author

Danny King wurde 1969 in Slough, Berkshire, geboren und lebt heute mit seiner Frau und vier Kindern in Chichester, West Sussex. 2001 erschien sein erster Roman The Burglar Diaries, dem bis heute zwölf weitere folgten. Danny King schreibt auch für Film, Fernsehen und Bühne. The Burglar Diaries wurde von der BBC als sechsteilige Fernsehserie Thieves Like Us ausgestrahlt, sein vierter Roman The Pornographer Diaries 2007 als Theaterstück beim Edinburgh Fringe Festival aufgeführt. Zusammen mit Dexter Fletcher schrieb er das Drehbuch zum Film Wild Bill, das 2013 für den BAFTA nominiert wurde. Die Dreharbeiten zu dem britischen Vampirfilm Eat Local nach dem neuesten Drehbuch von Danny King wurden gerade im Herbst 2016 abgeschlossen. The Monster Man of Horror House ist der erste ins Deutsche übersetzte Roman von Danny King.

Read an Excerpt

CHAPTER 1

Das vorletzte Haus auf der linken Seite

In jeder Stadt, in jedem Viertel gibt es so ein gruseliges altes Haus: heruntergekommen, zugewuchert, vernachlässigt und vergessen. Bewohnt wird es in der Regel von einem gruseligen alten Mann, der mehr oder weniger den gleichen Eindruck macht. Vergammelt, verwittert und mit bröckelnder Fassade schlurft dieser alte Mann durch die Gegend und kümmert sich um seinen eigenen Kram, wie zum Beispiel das Durchwühlen der Bauschuttcontainer in der Nachbarschaft. Wenn er und sein muffiger Geruch kommen, um die Rente abzuholen, lichtet sich unweigerlich die Schlange vor dem Postschalter.

Die Tatsache, dass er von allen als verschrobener Sonderling angesehen wird, ist ihm beneidenswerterweise überhaupt nicht bewusst. Er selbst hält sich für einen ruhigen, anspruchslosen Gesellen, unaufdringlich und weise – zwar ein Einzelgänger, aber auch ganz schön ausgefuchst. Und höchstwahrscheinlich macht er den klassischen Fehler zu denken, dass er sich einfach nur aus den Angelegenheiten anderer heraushalten muss, damit die anderen sich auch aus seinen heraushalten.

Wenn es doch bloß so einfach wäre!

Es hat ein paar Monate gedauert, bis ich herausfand, dass der gruselige alte Sonderling in meiner Straße ich selbst war.

Bis dahin hatte ich mich einfach nur als John betrachtet: hart arbeitend, konservativ, sparsam und alleinstehend. An heißen Tagen vielleicht ein wenig streng riechend, aber was machte das schon, wenn ich sowieso allein lebte? In meinem eigenen Haus konnte ich schließlich riechen, wie ich wollte. Davon abgesehen hatte ich mal irgendwo gelesen, dass Seife die Pheromonausgänge verstopft, und die sind es doch wohl, was die Frauen feucht im Schritt werden lässt, nicht Rasierwässerchen und Herrendüfte und dieser ganze tuntige Mist. Wobei mich so ein Schnickschnack wie Frauen sowieso nicht mehr interessierte. Meine Libido war wie meine alte Armee-Faustfeuerwaffe: irgendwo in einem Karton unter einem Haufen altem Scheiß vergraben, und seit damals in Aden nicht mehr abgefeuert worden. Aber ich war zufrieden mit meinem Los. Ein bisschen im Schatten vor mich hinwerkeln, die Welt da draußen auf Abstand halten und ein paar Pennys für das Alter auf die Seite legen, das war alles, was ich wollte.

Ich war 1972 in dieses Haus gezogen, das damals ein schickes Reihenendhaus mit Garage und Garten gewesen war. Es hatte mich die stolze Summe von dreitausend Pfund gekostet, und obwohl ich nie den Rasen gemäht, die Dachrinne gesäubert oder die Fenster geputzt hatte, nahm ich doch an, dass es seitdem nicht an Wert verloren hatte.

Als einsamer alter Kauz zu enden, dessen einziger Lebensinhalt im Leeren von Dosen mit Ochsenschwanzsuppe bestand, hatte ich nie geplant. Ich meine, wer will das schon? Aber so war es nun mal gekommen. Als ich jung war, nicht mehr als ein Dreikäsehoch, träumte ich davon, zur See zu fahren, die Welt zu sehen und unbekannte Länder zu entdecken. Tja, weiter weg von diesen Träumen hätte ich wohl nicht enden können. Wahrscheinlich hatten meine Pläne einfach irgendwann Schiffbruch an den Klippen des Schicksals erlitten – aber wenn man ehrlich ist, geht es wohl den meisten Menschen so.

Wie dem auch sei, da mein sozialer Abstieg ein langsamer gewesen war, und nicht etwa ein spektakulärer Sturz aus großer Höhe, war mir erst gar nicht bewusst, dass mein Ansehen ungefähr auf einer Stufe mit dem des Schrottplatzköters rangierte. Jedenfalls bis die Kids aus der Nachbarschaft anfingen, sich für mich zu interessieren – immer ein untrügliches Zeichen dafür, dass man nicht gerade den Respekt der Gemeinde genießt. Über die Tatsache, dass ausgerechnet mir die zweifelhafte Ehre zuteilgeworden war, als Ziel ihrer Streiche zu dienen, wurde ich nicht lange im Unklaren gelassen. Gespenstisches Klopfen ertönte zu jeder Tages- und Nachtzeit an meiner Haustür, Stimmen flüsterten im verschlungenen Dschungel meines Gartens und die gelieferte Milch wartete nicht länger auf der obersten Stufe, bis ich sie hereinholte, sondern wurde mir im Morgengrauen direkt durch den Briefschlitz geschüttet. Was für Witzbolde!

Nachdem ich diesen Unfug vier Wochen lang ertragen hatte, warf ich einen langen, prüfenden Blick in den Spiegel und musste schließlich bestürzt erkennen, dass ich der seltsame alte Kauz von Thetford war.

Wie schon gesagt, in jedem Viertel gibt es einen. Zu meiner Zeit hieß er Harold und wohnte in einer Kate am Ende unserer Straße. In Ypres war er einer deutschen Granate in den Weg gelaufen, und deshalb sah er wie ein Monster aus, mit Hakenhänden und einem Gesicht, das irgendwie falsch zusammengesetzt wirkte. Ich und meine Freunde hatten furchtbare Angst vor ihm und dachten uns schreckliche Geschichten darüber aus, welches Schicksal einem Kind drohte, das ihm in die Klauen fiel. Das führte unweigerlich dazu, dass wir nachts in seinen Garten schlichen, um unseren Mut beim Zertrampeln von Harolds Tomatenpflanzen zu beweisen. Wenn wir anschließend über die Mauer kletterten und in der Dunkelheit verschwanden, schimpfte er jedes Mal laut hinter uns her. Wir hielten dieses Gebrüll natürlich für die Raserei eines Mörders, dem wir ganz knapp entkommen waren, bevor er seine Pasteten mit unserem Fleisch füllen konnte.

In Wirklichkeit wollte er wohl nur, dass wir abhauten und nicht mehr in seine Gießkanne pinkelten. Der arme alte Harold; auf dem Schlachtfeld war er durch die Hölle gegangen und nicht einmal zu Hause, im hohen Alter, ließ man ihm seine Ruhe.

Seltsam, seit fünfzig Jahren hatte ich nicht mehr an ihn gedacht, bis die Streiche vor meiner eigenen Haustür anfingen. Und in dem Moment wurde mir klar, dass ich seine Reinkarnation war.

Natürlich hatte es keinen Sinn, sich bei den Eltern der Blagen zu beschweren. Die würden sowieso nichts tun.

Mein Tommy macht so was nicht, und erzählen Sie mir bloß nichts anderes, Sie alter Wichser. Los, verpissen Sie sich von meinem Grundstück! Sie stinken!

So etwas hätte es früher nicht gegeben. Hätte sich zu meiner Zeit ein Nachbar über mich beschwert, hätte mein Vater mir sofort eins mit dem Gürtel übergezogen. O ja, damals wurde den Kindern noch Respekt vor dem Alter beigebracht – vielleicht mal abgesehen von dem armen Harold. Er hatte sich bei jedem beschwert, aber niemand hatte auch nur im geringsten Notiz von ihm genommen. Ich vermute, keiner will was mit einem Sonderling zu tun haben, ob jung oder alt, denn Sonderlinge beschweren sich immer über irgendwas, seien es die Kinder im Gemüsebeet oder die Katholiken im Stadtplanungsbüro. Warum sollte man so jemandem nachgeben? Kurzer Prozess und die borstige Seite des Besens, das ist alles, was die verstehen.

Ich kann das durchaus nachvollziehen. Ehrlich. Bei objektiver Betrachtung kann ich absolut nicht ausschließen, dass ich mir selbst auch nicht zugehört hätte, wenn ich mein Nachbar gewesen wäre. Aber das machte die Gleichgültigkeit meiner Nachbarn nicht erträglicher, besonders nachdem meine Mülltonnen anfingen, einen Tag vor der Leerung auf dem Gartenweg Kopfstand zu machen. Diese kleinen Arschlöcher!

Es wurde so schlimm, dass ich schon darüber nachdachte, zur Polizei zu gehen. Aber diese Idee verwarf ich schnell wieder. Die Behörden und ich kommen nicht besonders gut miteinander aus. Ich mag es nicht, wenn sie in meinen Privatangelegenheiten herumschnüffeln – besonders nicht diese Fischfresser im Stadtplanungsbüro. Also ergriff ich die einzige Möglichkeit, die mir blieb, und nahm die Schädlingsbekämpfung selbst in die Hand.

Einer der vielen Vorteile meiner Lebensweise ist es, dass ich immer genügend Material für jegliches Vorhaben parat habe, sei es im Garten einen Hühnerstall zusammenzuzimmern, einen alten Staubsauger zu reparieren oder im Keller eine Guillotine zu bauen. Also schlug ich Nägel in Wände, zog Drähte über Flaschenzüge und montierte Bolzen an Türen, bis ich eine zufriedenstellende Lösung für meine Sorgen geschaffen hatte.

Meine Falle war fertig.

»So sollte es klappen«, murmelte ich und bewunderte mein Werk, während ich mir eine Körperreinigung mit dem Taschentuch gönnte. »Fehlt nur noch ein Köder.«

Drei Nächte lang ließ ich einen Fünfer offen auf dem Wohnzimmertisch liegen, aber niemand brach ein, um ihn zu klauen. Offensichtlich war eine weniger subtile Herangehensweise vonnöten. Ich kramte den alten Filzhut meines Vaters hervor.

Mein Vater hatte sein Leben lang Melone getragen. Ich selbst war von dieser Mode verschont geblieben, deshalb war der Hut in den letzten vier Jahrzehnten im hinteren Schlafzimmer verstaubt. Aber jetzt war seine Zeit endlich gekommen. Ich fischte ihn vom Kleiderschrank, wischte den Rand mit meiner Hemdmanschette ab und setzte ihn mir in einem kecken Winkel auf den Kopf. Und was soll ich sagen? Als ich mich in der Diele im Spiegel bewunderte, musste ich zugeben, dass ich wie ein totaler Schwachkopf aussah. Nun, Melonen sind wohl nicht ohne Grund aus der Mode gekommen.

Als Nächstes griff ich nach meinem Mantel und dem Einkaufskorb. Da ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon hatte, wer die kleinen Gangster waren, die mich so piesackten, und auch, wo ich sie finden würde, machte ich mich klar zum Gefecht und setzte Kurs in Richtung Supermarkt.

Einen Vorteil hat es immerhin, wenn man im Ort als verrückter Sonderling gilt: Man kann sich auch wie einer anziehen. Und deshalb wurde ich trotz meines extravaganten Kopfschmucks keines Blickes gewürdigt – jedenfalls, bis ich auf die miesen kleinen Ratten traf, die in einer Gasse neben dem Supermarkt Zigaretten schnorrten. Unterdrücktes Kichern, Gejohle und spöttische Rufe aus ihrer Richtung verrieten mir, dass sie mich zur Kenntnis genommen hatten. Ich zog vor ein paar verwirrten Kunden den Hut und begab mich in das Geschäft, um zu sehen, welche Schätze ich aus dem Regal mit den verbeulten Dosen heben könnte.

Während der nächsten Tage trieb ich mich oft im Ort herum, immer mit der Melone auf dem Kopf und immer im Sichtfeld meiner Plagegeister. Sie schlichen mir hysterisch kichernd hinterher und gingen irgendwann dazu über, sich aus McDonald's-Tüten Kopfbedeckungen zu formen, die wohl meiner eigenen ähneln sollten. Offensichtlich fanden sie das alles enorm unterhaltsam, daher trug ich den Hut weiter, bis sie sich einen Sport daraus machten, ihn mir abwechselnd vom Kopf zu stoßen und selbst eine Runde damit zu drehen.

In der Gewissheit, die bestmögliche Vorarbeit geleistet zu haben, platzierte ich die Melone schließlich zu Hause auf der Fensterbank, schön nach vorne raus, mit direktem Blick auf die Straße (jedenfalls wenn man sich die überhängenden Äste des Nussbaums wegdachte) und machte mich bereit für eine arbeitsreiche Nacht.

CHAPTER 2

Nächtliche Besucher

»Hast du ihn schon?«

»Nee, das Scheißding ist auf den Boden gefallen. Komm, halt das Fenster offen, ich geh rein.«

»Tommy, mach das nicht!«

»Fick dich doch, du feige Memme.«

»Halt die Fresse, ich bin keine Memme.«

»Dann beweis es mir.«

»Ihr haltet jetzt alle die verfickte Fresse, sonst wird die alte Vogelscheuche noch wach.«

»Ich hab nichts gesagt, das war Farny.«

»Scheiß Petze.«

»Fick dich!«

Der Anführer der Bande kletterte durchs Fenster und ließ sich ins Zwielicht meines Wohnzimmers fallen. Kaum in der Lage, einen Begeisterungsschrei zu unterdrücken, grapschte er nach dem alten Hut meines Vaters und reichte ihn durch das offene Fenster an seine Kumpel weiter.

»Hab ihn! Hier, nehmt das Ding!«, flüsterte er aufgeregt und kraxelte zurück auf die Fensterbank, um von dort den Rückzug anzutreten. Die Jungen draußen kicherten triumphierend. Reihum setzten sie sich den Hut auf die Köpfe, bis sie plötzlich merkten, dass ihr Anführer noch nicht zurück war.

»Tommy, kommst du jetzt raus oder was ist?«

»Wartet. Seht euch das mal an«, antwortete der und deutete auf das andere Ausstellungsstück, das ich dort extra für meine nächtlichen Besucher platziert hatte.

Ein paar Meter vom Fenster entfernt hatte ich ein paar der größeren Müllhaufen zur Seite geschoben, um ein Stück Teppich ans Tageslicht zu holen. Meine gute alte Auslegeware hatte seit 1982 keine Luft mehr geschnappt, und auch diesmal war ihr keine längere Atempause vergönnt, denn ich hatte meinen Köder aus dem Keller gehievt und an ebendieser Stelle abgesetzt. Von den überwucherten Unkrautbeeten meines Vorgartens aus war das Objekt kaum zu erkennen, aber wenn man erst einmal im Haus war, stach es ins Auge wie ein rostiger Nagel.

»Das ist ein Sarg!«, erklärte Tommy seiner Gang.

»Was?«, kam die Antwort.

»Ein Sarg! Der Spinner hat einen verfickten Sarg in seinem Wohnzimmer!«

»Wo?«

»Ich seh nix.«

»Du lügst doch.«

Tommy nahm seinen ganzen Mut zusammen und bewegte sich vorsichtig auf den Sarg zu, immer darauf bedacht, zwischen all dem Gerümpel nicht zu stolpern und beim ersten verdächtigen Geräusch die Flucht zu ergreifen.

»Was ist da drin?«

»Tommy, mach das nicht. Lass uns abhauen.«

»Schnauze, Memme!«

Tommy ignorierte seine Kumpel und näherte sich weiter dem Sarg, bis er in Reichweite des zerkratzten alten Zedernholzdeckels war. Auf makabre Weise fasziniert betastete er den Rand auf der Suche nach einem Verschluss.

»Tommy, was machst du denn?«, rief eine dünne, ängstliche Stimme von draußen, aber Tommy, der Abenteurer, war gerade in Grabräuberstimmung. Er mühte sich an dem schweren Deckel ab, bis er ihn tatsächlich einen Spalt breit angehoben hatte. Nach wenigen Zentimetern verhinderten allerdings die schweren Schrauben, die ich in die Scharniere getrieben hatte, ein weiteres Öffnen.

Eine jähe Bewegung innerhalb des Sarges führte dazu, dass Tommy den Deckel fallen ließ und erschrocken zurücktaumelte.

»Oh mein Gott!«, quiekte er. Mit ein paar hektischen Sätzen hatte er sich auf die Fensterbank gerettet, wo er seinen Mut schließlich wiederfand. In derselben Zeit hatten es seine Freunde schon wesentlich weiter gebracht: Sie waren praktisch schon wieder zu Hause und in ihre Schlafanzüge gesprungen, bis schließlich die Neugier, gepaart mit dem Ausbleiben jeglicher Reaktion durch den Hausbesitzer, dazu führte, dass es um meinen Sarg herum wieder lebhafter wurde. Jetzt waren schon zwei von ihnen im Haus.

»Du hebst ihn an, ich gucke rein.«

Tommy ließ sich auf die Knie fallen und drückte ein Auge gegen den Spalt.

»Ach du Scheiße!«, jaulte er, als sich im Inneren wieder etwas bewegte. Tommy fiel auf den Hintern, krabbelte zum Fenster und über seinen Kumpel, der schon auf halbem Weg nach draußen war.

Dieses Mal dauerte es eine geschlagene Stunde, bis sie zurückkamen. Drei von ihnen kletterten durchs Fenster – erst Tommy, dann der Junge, den sie Farny nannten, und schließlich ein Rotschopf – sodass nur der kleinste von ihnen draußen zurückblieb, wo er protestierend vor sich hin schniefte und flennte.

»Was ist das?«, fragte Farny, der den Deckel, so weit es ging, hochhielt.

»Keine Ahnung, aber es ist voll gruselig«, erwiderte Tommy, und Rotschopf, der neben ihm kniete, gab ihm recht.

»Glaubt ihr, das ist der Alte selber und er schläft hier drin oder so?«, fragte er, woraufhin Farny seine Finger wegzog und den Deckel fallen ließ – sehr zum Nachteil der Nasen seiner Freunde.

»Du verfickter Arschidiot!« Tommy stöhnte und hielt sich die blutige Masse, die von seinem Gesicht übrig geblieben war, bis er feststellte, dass das Feuchte gar kein Blut war, sondern bloß Tränen. »Blöder Penner!«

»Es ist ein Mädchen«, sagte der Rotschopf und hielt den Sargdeckel lange genug offen, um noch einen Blick hineinzuwerfen.

»Tommy, bitte, lass uns nach Hause gehen«, schluchzte der vierte der Musketiere durch das offene Fenster.

»Barry, komm rein hier«, war alles, was er zum Lohn für seine Mühen zurückbekam.

»Nein, ich mag nicht.«

»Feige Memme!«, war Farnys Einschätzung und Rotschopf stimmte zu.

»Er pisst sich gleich in die Hose.«

»Tu ich gar nicht, ich will bloß nach Hause«, jammerte der Kleinste, aber Tommy ließ sich nicht umstimmen.

»Barry, du kommst jetzt sofort hier rein oder du darfst nie wieder mit uns abhängen.«

»Das sage ich Mama«, drohte Barry, löste damit aber lediglich verächtliches Gelächter aus. Schließlich brachte er die anderen auf die einzig mögliche Weise zum Schweigen, die ihm noch blieb: Er kletterte durch das Fenster. Zu sagen, dass er dabei äußerst widerwillig vorging, wäre die Untertreibung des Jahres. Jede panische Schmeißfliege schafft es schneller durch ein Fenster als Barry in diesem Moment, aber schlussendlich war er bei seinen Freunden angekommen und konnte seine Bedenken aus der Nähe äußern, wenn auch seine Stimme vor Angst inzwischen so hoch war, dass ihn wahrscheinlich nur noch Hunde oder Superman verstehen konnten.

»Guck in den Sarg, Barry«, befahl Tommy. Er hob den Deckel – und ebenso das Ausmaß der Angst, die sein kleiner Bruder verspürte – an, bis es nicht mehr ging.

Es folgten ein paar Strophen des alten Liedes (Memme/gar nicht/Fresse halten/jetztmach schon), bevor Barry durch den Schlitz spähte, scharf die Luft einzog und die anderen endlich Ruhe gaben.

»Wer ist das?«, fragte er mit zittriger Stimme, doch die anderen bekamen keine Gelegenheit zu antworten, denn genau in diesem Moment zog ich an der Schnur und das Fenster, durch das sie hereingekommen waren, knallte zu.

(Continues…)



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Table of Contents

Das Haus der Monster,
Impressum,
Kapitel 1 | Das vorletzte Haus auf der linken Seite,
Kapitel 2 | Nächtliche Besucher,
Kapitel 3 | Böse Kinder kommen in den Keller,
TEIL 1 | WIE DER VATER, SO DER SOHN,
Kapitel 4 | Aufkeimendes Interesse,
TEIL 2 | MÖRDERMOND,
Kapitel 5 | Die Meinungen sind geteilt,
TEIL 3 | DER SCHWARZE FLECK,
Kapitel 6 | Da war es nur noch einer,
TEIL 4 | WIE DIE MUTTER, SO DIE TOCHTER,
Kapitel 7 | Gute Nacht und schlaft schön,
Epilog| Die Monster sind unter uns,
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