»Ellroy ist der wohl wahnsinnigste unter den lebenden Dichtern und Triebtätern der amerikanischen Literatur.« Süddeutsche Zeitung
Lloyd Hopkins, laut psychiatrischem Gutachten schwer angeschlagen, ist vorübergehend vom Dienst suspendiert. Ehe man ihn in den vorzeitigen Ruhestand schickt, wird ihm ein letzter, scheinbar harmloser Fall zugewiesen: ein einfacher Bankraub. Niemand ahnt, dass die Garcia-Brüder dahinterstecken, die zusammen mit Duane Rice ihre blutige Spur quer durch Los Angeles ziehen.
»Ellroy ist der wohl wahnsinnigste unter den lebenden Dichtern und Triebtätern der amerikanischen Literatur.« Süddeutsche Zeitung
Lloyd Hopkins, laut psychiatrischem Gutachten schwer angeschlagen, ist vorübergehend vom Dienst suspendiert. Ehe man ihn in den vorzeitigen Ruhestand schickt, wird ihm ein letzter, scheinbar harmloser Fall zugewiesen: ein einfacher Bankraub. Niemand ahnt, dass die Garcia-Brüder dahinterstecken, die zusammen mit Duane Rice ihre blutige Spur quer durch Los Angeles ziehen.

Hügel der Selbstmörder: Die Lloyd-Hopkins-Trilogie, Band 3
252
Hügel der Selbstmörder: Die Lloyd-Hopkins-Trilogie, Band 3
252eBookAuflage (Auflage)
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Overview
»Ellroy ist der wohl wahnsinnigste unter den lebenden Dichtern und Triebtätern der amerikanischen Literatur.« Süddeutsche Zeitung
Lloyd Hopkins, laut psychiatrischem Gutachten schwer angeschlagen, ist vorübergehend vom Dienst suspendiert. Ehe man ihn in den vorzeitigen Ruhestand schickt, wird ihm ein letzter, scheinbar harmloser Fall zugewiesen: ein einfacher Bankraub. Niemand ahnt, dass die Garcia-Brüder dahinterstecken, die zusammen mit Duane Rice ihre blutige Spur quer durch Los Angeles ziehen.
Product Details
ISBN-13: | 9783843718400 |
---|---|
Publisher: | Ullstein Ebooks |
Publication date: | 01/25/2019 |
Series: | Die Lloyd-Hopkins-Trilogie , #3 |
Sold by: | Bookwire |
Format: | eBook |
Pages: | 252 |
File size: | 3 MB |
Language: | German |
About the Author

James Ellroy, Jahrgang 1948, begann seine Schriftstellerkarriere 1981 mit Browns Grabgesang. Mit Die Schwarze Dahlie gelang ihm der internationale Durchbruch. Unter anderem wurde Ellroy fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet, zahlreiche Bücher wurden verfilmt, darunter L.A. Confidential.
Read an Excerpt
CHAPTER 1
Der Transporter des Sheriffs bog aus dem Tor des Malibu Fire Camp Nr. 7. Geladen hatte er 16 Häftlinge, denen Entlassung, Arbeitsurlaub und Straferlass bevorstanden, und sein Ziel war das Zentralgefängnis von L. A. County. Fünfzehn der Männer brüllten fröhlich Obszönitäten, trommelten gegen die Fenster und klapperten mit den Beinfesseln. Der sechzehnte, dem man in Anerkennung seines Status als Feuerbekämpfer 1. Klasse die Eisen erspart hatte, saß vorn beim Fahrer/Deputy und starrte auf einen Fotowürfel, in dem sich die Aufnahme einer Frau in PunkrockOutfit befand.
Der Deputy schaltete in den zweiten Gang und stupste den Mann an. »Bist wohl scharf auf Cyndi Lauper?«
Duane Rice sagte: »Nein, Officer, Sie etwa?«
Der Deputy lächelte. »Nein, aber ich trag ja auch ihr Bild nicht mit mir rum.«
Rice dachte, halt dich zurück – er ist nur ein blöder Bulle, der Konversation machen will, und sagte: »Meine Freundin. Sie ist Sängerin. Sie sang Back-up für eine Bar-Band in Las Vegas, als ich das Foto schoss.«
»Wie heißt sie?«
»Vandy.«
»Vandy? Nur ein Name, so wie Cher?«
Rice blickte auf den Fahrer, dann herum zu den Häftlingen in Drillichzeug. Die meisten davon würden in einem, allerspätestens zwei Monaten wieder im Loch stecken. Ihm fiel ein Versehen des sprücheschmiedenden Dichters ein, der unter ihm gepennt hatte: »L. A. – mach her deine Ferien, geh heim auf Bewährung.« Und im Bewusstsein, jeden Cop, Richter oder Bewährungshelfer, den man ihm draufknallte, austricksen, ausdeichseln und ausmanövrieren zu können, und mit dem Wissen, dass sein Schicksal das exakte Gegenteil von dem jedes anderen Mannes im Bus war, sagte er: »Nein, Anne Atwater Vanderlinden. Ich hab sie's abkürzen lassen. Ihr voller Name war zu lang. Nicht gut für Plakate.«
»Macht sie alles, was du von ihr willst?«
Darauf gab Rice dem Deputy ein spiegelvollendetes »Jawohl«.
»Ich frag ja nur«, sagte der Deputy. »Solche Pussen sind heute schwer zu finden.«
Die Plauderei war wirkungsvoll im Keim erstickt, und Rice lehnte sich zurück und starrte aus dem Fenster. Er nahm zwar beiläufig Notiz vom Pacific Coast Highway und den im Winter verlassenen Stränden, fühlte aber eigentlich nur das Summen des Busmotors und die Distanz, die es schuf zwischen den sechs Monaten, die er damit zugebracht hatte, Feuergräben zu buddeln, Flammen einzuatmen und zu beobachten, wie sich geistig verarmte Luschen mit billigsten Weinbrand volllaufen ließen, und den kommenden zwei Wochen, die er im New County abzusitzen hatte, wo ihm sein Straferlass wegen Tapferkeit als Häftlingsfeuerwehrmann einen Job als Kapo verschaffen würde, mit unbegrenztem Besuchsrecht. Er sah auf den Plastikstreifen an seinem rechten Handgelenk: Name, achtstellige Gefangenennummer, die Abkürzung des kalifornischen Strafrechts für schweren Fahrzeugdiebstahl und seinen Entlassungstermin – 30/11/84. Die letzten drei Zahlen ließen ihn an Vandy denken. Automatisch streichelte er den Fotowürfel.
Der Bus erreichte East L. A. und das Main County Jail eine Stunde später. Rice ging zur Aufnahme Seite an Seite mit dem Fahrer/Deputy, der seine Dienstwaffe aus dem Halfter zog und sie wie einen Hirtenstab dazu benutzte, die Häftlinge zu den elektrischen Türen zu lotsen. Als sie drinnen und die Türen hinter ihnen geschlossen waren, gab der Fahrer seine Waffe dem Deputy in der Plexiglaswachkabine und sagte: »Unser Kumpel hier geht zur Kapoeinstufung. Er ist Cyndi Laupers Liebchen, also keine Leibesvisitation: Cyndi sähe es nicht so gerne, wenn wir in sein Arschloch reinschielen. Die anderen Kerle haben Arbeitsurlaub und Wochenendfreigang anstehen. Die volle, übliche Prozedur in den verfügbaren Zellen.«
Der Kontrollbeamte deutete auf Rice und sprach in ein am Tisch festgeschraubtes Mikrofon. »Los, Blauer. Nummer vier, vierte Zelle zu deiner Rechten.«
Rice gehorchte. Er steckte den Fotowürfel in seine umgeschlagene Brusttasche und ging den Korridor entlang. Die Gangart, die er einschlug, war eine Art modifizierter Knastschritt, die es ihm erlaubte, seine Würde zu bewahren und so auszusehen, als passe er sich an. Als er den richtigen Rhythmus gefunden hatte, ließ er seine Augen eine Szene in sein Hirn einbrennen, der er sich nie wieder aussetzen würde: Gefangene, wie Sardinen gequetscht in Sicherheitszellen, die auf der Vorderseite von der Decke bis zum Boden mit Kadmiumstahl vergittert waren; geschriene und gedämpfte Gesprächsfetzen, die aus den Zellen herausfluteten und in denen das Wort Scheiß vorherrschte. Kapos, die Kakihosen mit Schlitzen am Hintern trugen und lustlos mit Besen den Korridor fegten; eine Gruppe davon stand außen vor dem Schwuchteltrakt und gurrte die Tunten darin an. Das Kreischen und Klirren vergitterter Türen, die auf- und zuflogen. Gewöhnlicher Alltag für institutionalisierte Bullen und Zuchthäusler, die nicht wussten, dass sie aufeinander angewiesen waren. Tod.
Die Tür von Nummer 4 glitt auf. Rice drehte sich kurz und trat ein. Sein Blick blieb auf dem einzigen anderen Häftling in der Zelle haften, einem kräftigen Burschen, der wie ein Rocker aussah, auf dem Schränkchen hockte und einen Groschenwestern las. Als die Tür zuknallte, sah der Mann auf und sagte: »Tag, Grünschnabel. Zur Einstufung hier?«
Rice entschloss sich, höflich zu sein.
»Ich denke doch. Ich spekulierte ja auf einen Job als blauer Kapo, aber die Bullen haben offensichtlich andere Pläne.«
Der Rocker legte sein Buch auf den Boden und kratzte sich an den Bartstoppeln. »Offensichtlich, häh? Sei nur froh, dass du nicht so groß bist wie ich. Ich komme zur Ladeabteilung, sicher wie die Hölle. Ich werde also mit Niggern Wäschesäcke rumwuchten, während du irgendwo mit dem Besen fegst. Wofür haben sie dich verknackt?«
Rice lehnte sich an die Gitter. »Schwerer Autodiebstahl. Bekam ein Jahr, saß sechs Monate im Fire Camp und erhielt etwas Straferlass.«
Der Rocker betrachtete Rice mit Augen, in denen Misstrauen stand, aber auch Neugier nach Informationen. Rice entschloss sich, selbst nach Informationen zu wühlen, und sagte: »Kennst du einen Burschen namens Klein? Ein Weißer um die vierzig? Müsste so vor sechseinhalb, sieben Monaten hergekommen sein. Sie hatten ihn wegen Besitz und Verkauf von Kokain am Wickel, machten dann ein kleineres Delikt daraus. Er ist wahrscheinlich jetzt schon wieder draußen.«
Der Rocker stand auf, streckte sich und kratzte seinen Bauch. Rice sah, dass er mindestens 1,90 war, und spürte ein Warnlicht in seinem Kopf aufflackern, »'n Freund von dir?«.
Mit Verspätung registrierte Rice die Intelligenz in seinen Augen. Zu schlau, um ihn anzuschmieren. »Nicht wirklich.«
»Nicht wirklich?« Der große Mann ließ die Worte dröhnen. »Nicht wirklich? Offensichtlich denkst du, ich bin blöde. Offensichtlich denkst du, ich kann zwei und zwei nicht zusammenzählen. Offensichtlich denkst du, ich weiß nicht, dass dieser Klein dich verpfiffen, einen Handel mit der Schmiere gemacht hat und so ungefähr zur selben Zeit, als sie dich geschnappt haben, wieder gehen durfte. Offensichtlich weißt du nicht, dass du dich in Gegenwart eines hervorragenden Gefängnisintellekts befindest, der es nicht mag, wenn man ihn verscheißern will.«
Rice schluckte trocken, hielt Augenkontakt mit dem großen Mann und wartete darauf, dass sich dessen rechte Schulter senkte. Als der Rocker einen Schritt nach hinten machte und lachte, trat Rice zurück und zwang sich ein Lächeln ab.
»Ich habe es sonst nur mit Stumpfköpfen zu tun«, sagte er. »Nach einer Weile passt man sein Denken ihrem Niveau an.«
Der Rocker lachte leise in sich hinein. »Bumst dieser Klein dein Mädchen?«
Vor Rices Augen wurde alles rot. Er vergaß die Warnungen seines Lehrers, niemals eine Attacke zu beginnen, und er vergaß die rituellen Schreie, als er mit dem rechten Fuß durchzog und fühlte, wie der Kiefer des Rockers unter seinem Fuß brach. Blut spritzte durch die Luft, als der große Mann gegen die Gitter krachte; aus den anliegenden Zellen erklangen Rufe. Als der Rocker zu Boden fiel, trat Rice noch einmal zu; durch seinen roten Schleier hindurch hörte er, wie eine Rippe brach. Die Rufe wurden lauter, als die elektrische Tür ruckartig aufging. Rice fuhr herum und sah ein halbes Dutzend Schlagstöcke in hohem Bogen auf sich zukommen. Flüchtige Gedanken an Vandy hielten ihn davon ab anzugreifen. Dann wurde alles dunkelrot und schwarz.
Einheit 2700 des Los Angeles Main County Jail ist bekannt als der Irrentrakt. Sie besteht aus drei Reihen Sicherheitseinzelzellen, die durch enge Gänge und Treppen miteinander verbunden sind, und ist der Unterbringungsort für nicht gewalttätige Gefangene, die psychisch zu gestört sind, um innerhalb der allgemeinen Gefängnisgemeinschaft existieren zu können: Sabberer, Brabbler, Leute, die in der Öffentlichkeit masturbierten, Jesus-Kreischer und mystische Gurus, die ihr Gehirn mit LSD weggeblasen hatten, und die jetzt alle darauf warteten, dass man über ihre Unzurechnungsfähigkeit entschied und sie letztlich nach Camarillo und in vom County unterhaltene Pflegeheime abtransportierte. Auch wenn die »danebenen« Häftlinge an und für sich durch Zwangsverabreichung starker Beruhigungsmittel ruhig und friedlich gehalten werden, so werden sie doch nachts, wenn die Wirkungen der Medikamente nachlassen, buchstäblich lebendig und veranstalten ein Getöse, das man durch das gesamte Gefängnis hört. Als Duane Rice in einer Zelle direkt in der Mitte von Reihe 2 der Einheit 2700 wieder zu sich kam, dachte er, er wäre tot und in der Hölle.
Er brauchte eine ganze Weile, um zu entdecken, dass er es nicht war; dass die gequälten Schreie und klagenden Geräusche nicht Schläge waren, die die Schmerzen und das Pochen an seinem ganzen Körper verursachten. Als er allmählich das volle Bewusstsein wiedererlangte, begann der Schmerz wirklich, und alles kam ihm wieder und übertönte eine Stimme in der Nähe, die brüllte: »Ronald Reagan ist ein Schwanzlutscher!« Automatisch tastete Rice mit den Händen Gesicht und Hals ab. Kein Blut; keine Beulen; keine blauen Flecke. Nur eine Schwellung an seiner Halsschlagader. Bewusstlos gewürgt und zu den Irren geworfen, aber die Abreibung, die die Wachbeamten für gewöhnlich Radaubrüdern verpassten, hatte man ihm erspart. Warum?
Rice machte eine kurze Bestandsaufnahme seiner Person und stellte zu seiner Zufriedenheit fest, dass seine Genitalien unbeschädigt und keine Rippen gebrochen waren. Er zog sein Hemd aus und untersuchte die Striemen und blauen Flecken auf seinem Leib. Schmerzhaft, aber vermutlich kein innerer Schaden.
Da fiel ihm der Fotowürfel wieder ein, und er verspürte einen ersten Anfall von Panik. Er grapschte das Hemd vom Boden und drosch auf die Wand ein, als Plastikscherben aus dem Leinenknäuel fielen. Seine Fäuste wetzten gerade an den Zellengittern, als das unversehrte Foto von Anne Atwater Vanderlinden aus der rechten Tasche purzelte und mit der Bildseite nach oben auf seiner Matratze landete. Vandy. In Sicherheit. Rice sagte die Worte laut vor sich hin, und die Kakofonie des Irrentrakts verebbte zu einem leisen Raunen.
Ihr Raunen.
Rice setzte sich auf den Rand der Matratze und bewegte seine Augen hin und her zwischen der Fotografie und den reingekratzten Graffiti, die die Zellenwände bedeckten. Obszönitäten und Black-Power-Slogans nahmen den Großteil der beschreibbaren Fläche ein, aber in der Nähe der zusammengeknüllten Lumpen, die als Kopfkissen dienten, nahmen mühselig geritzte Liebeserklärungen überhand: Tyrone und Lucy; Big Phil und Lil Nancy; Raul y Inez por vida. Rice tastete die Worte mit seinen Fingern ab, und es gelang ihm, die Schmerzen in seinem Körper niederzuhalten, indem er sich auf die Geschichte von Duane und Vandy konzentrierte.
Er hatte als Pit-Boss in einer Midas-Muffler-Niederlassung im Valley gearbeitet, nebenher Ersatzteile aus dem Lager geklaut und sie zum halben Preis an Louie Calderon verkauft. 26, unter Bewährungsaufsicht der Jugendbehörde wegen Totschlags im Straßenverkehr, ziellos. Er wartete darauf, dass etwas geschah. Louie schmiss eine Party in seiner Bude in Silverlake, versprach drei Frauen pro Mann und lud ihn ein. Vandy war da gewesen. Er und Louie hatten an der Tür gestanden und Kommentare über die ankommenden Frauen abgelassen. Sie kamen zu dem Schluss, dass, was puren Sex anging, das magere Mädchen in den abgewetzten Preppy-Klamotten so ziemlich die unterste auf der Liste war, aber dass sie ein gewisses Etwas hatte. Als Louis nach den richtigen Worten suchte, um es zu erklären, sagte Rice: »Charisma.« Louie schnippte mit den Fingern, stimmte zu und wies dann auf ihre schäbigen Fetzen und die laufende Nase hin und sagte: »Schneevögelchen. Vorher noch nie gesehen. Sieht wohl einfach die offene Tür und kommt rein, vielleicht denkt sie, sie kann etwas Stoff abstauben. Sie mag vielleicht Charisma haben, aber sie hat verflucht noch mal keine Selbstkontrolle.«
Louies letzte Worte trafen zu. Rice ging herüber zu dem Mädchen, das ihn anlächelte. Nervöse Zuckungen ließen ihr Gesicht lebendig wirken. Ihre unmittelbare Verletzlichkeit fraß ihn förmlich auf. Sowie es begonnen hatte, war es auch schon gelaufen.
Sie redeten zwölf Stunden an einem Stück. Er erzählte ihr, wie er in den Wohnblöcken von Hawaian Gardens aufgewachsen war, und von seinen versoffenen Eltern und wie sie eines Abends zum Schnapsladen losfuhren und niemals wiederkamen, von seiner Geschicklichkeit mit Wagen und wie ihn die Schwäche seiner Eltern zu dem Entschluss gebracht hatte, Schnaps und Drogen niemals anzurühren. Darüber schnaubte sie verächtlich und sagte, dass sie und ihr Bruder Drogen nahmen, weil ihre Eltern so verklemmt und spießig waren. Sie fanden keinen rechten Draht zueinander, bis er ihr dann die volle Wahrheit erzählte, weshalb sie ihn wegen Totschlags drangekriegt hatten. Damit verknüpfte er ihrer beider Trotz und Aufmüpfigkeit mit einem hellroten Band miteinander.
Als er 22 war, hatte er bei einer Maserati-Niederlassung in Beverly Hills einen Job, Sportwagen einstellen. Die anderen Mechaniker waren Kiffer, die sich permanent über seine Abneigung gegen Dope lustig machten. Eines Abends bastelten sie einen Speedball aus medizinischem Alkohol und Percodan und mischten ihn ihm in den Kaffee, unmittelbar bevor er sich daranmachte, den Leerlauf am Ferrari eines Kunden zu testen. Die Drogenmischung begann abrupt zu wirken, als er die Doheny herunterfuhr. Er merkte sofort, was los war, und fuhr rechts ran, entschlossen, abzuwarten, bis das High abflaute, um dann ein paar gehörige Abreibungen auszuteilen.
Dann wurde es wirklich schlimm. Er begann wild zu halluzinieren und dachte, er sehe die Kerle, die ihm das Dope untergejubelt hatten, einen halben Block weiter über die Straße gehen. Er ließ den Motor aufheulen, schaltete sofort in den Zweiten und walzte sie mit 120 nieder. Die vordere Stoßstange wurde abgerissen, der Kühlergrill eingedellt, und ein abgerissener Arm flog quer über die Windschutzscheibe. Er schaltete herunter, bog um die Ecke und den Wilshire, stieg aus und rannte wie der Teufel. Ein unglaublicher Adrenalinschub überdeckte die Wirkung der Droge. Als er aus Beverly Hills herausgelaufen war, fühlte er sich wieder Herr seiner Sinne. Er wusste, dass er seine Rache bekommen hatte, und nun musste er sich an die Spielregeln des Gesetzes halten und versuchen, möglichst billig davonzukommen.
Ein zweistündiges Dampfbad im Hollywood Y ließ ihn den Rest des Speedballs aus seinem Kreislauf ausschwitzen. Er nahm ein Taxi zum Polizeirevier von Beverly Hills, bohrte sich mit einem Taschenmesser in den Arm, um Krokodilstränen hervorzurufen, und stellte sich. Man legte ihm zwei Fälle von Totschlag dritten Grades und Fahrerflucht zur Last. Die Kaution wurde auf 20 000 Dollar festgesetzt, und die Anklageerhebung wurde auf den nächsten Morgen festgelegt.
Bei der Anklageerhebung erfuhr er dann, dass die zwei Leute, die er getötet hatte, nicht die Mechaniker gewesen waren, die ihm das Dope verpasst hatten, sondern ein gutbürgerliches Ehepaar. Er plädierte trotzdem auf schuldig, weil er mit maximal zwei Jahren rechnete, also allerspätestens in achtzehn Monaten wieder draußen wäre.
(Continues…)
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