Vor der Wahrheit: Justiz-Thriller innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals

Vor der Wahrheit: Justiz-Thriller innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals

Vor der Wahrheit: Justiz-Thriller innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals

Vor der Wahrheit: Justiz-Thriller innerhalb und außerhalb des Gerichtssaals

eBook1. Auflage (1. Auflage)

$11.99 

Available on Compatible NOOK devices, the free NOOK App and in My Digital Library.
WANT A NOOK?  Explore Now

Related collections and offers


Overview

Strafverteidiger Jack Swyteck ist in Florida bekannt als Experte für die schwierigsten Fälle aus dem Todestrakt. Auch Dylan Reeves ist einer von ihnen: eine Siebzehnjährige wird vermisst, und ihre letzten Spuren finden sich in Reeves’ Auto. Doch dann wird Swyteck von der Mutter der Vermissten kontaktiert, die behauptet, ihre Tochter habe sie angerufen. Jack bleiben nun dreißig Tage, um die Vollstreckung des Todesurteils zu verhindern …

"Grippando packt einen von der ersten Seite an."
Harlan Coben

"In einer Karriere mit vielen guten Büchern, zählt "Vor der Wahrheit" zu seinen besten."
Miami Herald

"Packend … "Vor der Wahrheit" führt einem vor Augen was für ein Schriftsteller Grippando ist. Und sichert ihm weiterhin einen Platz in der Spitzenklasse der Justizthriller-Autoren."
Huffington Post


Product Details

ISBN-13: 9783959676427
Publisher: HarperCollins Publishers
Publication date: 06/12/2017
Series: Ein Jack-Swyteck-Roman
Sold by: Libreka GmbH
Format: eBook
Pages: 400
File size: 3 MB
Language: German

About the Author

About The Author
James Grippando ist Autor diverser New York Times-Bestseller. Er arbeitete zwölf Jahre als Strafverteidiger bevor sein erstes Buch Im Namen des Gesetzes 1994 veröffentlicht wurde und ist weiterhin als Berater für eine Kanzlei tätig. Er lebt im Süden Floridas mit seiner Frau, drei Kindern und einem Golden Retriever namens Max, der nicht weiß, dass er ein Hund ist.

Hometown:

Coral Gables, Florida

Date of Birth:

January 27, 1958

Place of Birth:

Waukegan, Illinois

Education:

B.A. with High Honors, University of Florida, 1980; J.D. with Honors, University of Florida, 1982

Read an Excerpt

Vor Der Wahrheit


By James Grippando

HarperCollins Germany GmbH

Copyright © 2017 HarperCollins
All rights reserved.
ISBN: 978-3-95967-642-7


CHAPTER 1

Willkommen zu Hause, Jack!

Jack Swyteck stand draußen vor dem Freedom Institute und entdeckte den handgeschriebenen Gruß auf einem Post-it, das an der Eingangstür klebte. Es war Montagmorgen, und Jack hatte über das Wochenende seine Büromöbel eingeräumt. Die Fußmatte zu seinen Füßen verkündete eine weniger einladende Nachricht, die jedoch den Humor der Anwälte gut zusammenfasste, die hier arbeiteten. Kommen Sie mit einer richterlichen Anordnung wieder.

Jack schmunzelte, auch wenn es nicht die endgültige Rückkehr war, die seine Ex-Kollegen sich gewünscht hatten.

Mehr als zehn Jahre waren vergangen, seit Jack ausgestiegen war. Doch seine vierjährige Episode im Freedom Institute war sein erster Job nach dem Jurastudium gewesen. Zu jener Zeit war der "Law and Order" Gouverneur Harry Swyteck – Jacks Vater – auf dem besten Weg gewesen, mehr Hinrichtungsbefehle zu unterzeichnen als irgendein anderer Regierungschef in Floridas Geschichte. Ihr öffentlicher Streit war eine politische Peinlichkeit gewesen. Harry hätte es vielleicht nicht so persönlich genommen, wenn Jack sich nicht mit einer bunt zusammengewürfelten Truppe ehemaliger Hippies zusammengetan hätte, die unter der irrigen Annahme lebten, dass Cannabis die Staatsblume war und die Nationalhymne "Kumbaya" lautete.

Da gab es Eve, die einzige Frau, die Jack je getroffen hatte, die Pfeife rauchte. Brian, der schwule Surfer. Und Neil Goderich, ihr furchtloser Anführer, ein Genie mit Pferdeschwanz, der Woodstock überlebt hatte. Auf Außenstehende musste Jack wie der bunte Hund in der Gruppe wirken. Aber sie wurden Freunde, und sein Ausstieg hatte daran nichts geändert. Bei der Trennung war es eher um die Form als die Inhalte gegangen. Jack hatte es völlig ausgereicht, den Staat zu zwingen, die angeklagte Tat zweifelsfrei beweisen zu müssen. Einen weiteren schuldigen Mann aus der Todeszelle zu holen brachte ihn nicht unbedingt in die Stimmung, eine Drei-Dollar-Sektflasche zu köpfen und eine Party zu schmeißen. Oder eine Pressemitteilung rauszugeben.

Jack drückte die Tür auf und trat ein.

"Jack is back!", rief Hannah. Neils Tochter war so jung und idealistisch, wie Jack es gewesen war, als Neil ihn unter seine Fittiche genommen hatte. Es fiel ihm schwer, zu glauben, dass sein Mentor von ihnen gegangen war und jetzt für immer durch die Strawberry Fields wandelte.

"Ich schätze, man könnte sagen, dass ich wieder da bin", erwiderte Jack. "In gewisser Weise."

Hannah war einen Kopf kleiner als Jack und ging auf die Zehenspitzen, um ihn fest zu umarmen und ihm einen schnellen Kuss auf die Wange zu geben. Eve und Brian standen direkt hinter ihr, jeder mit einem kleinen Aktenkoffer in der Hand. Jack hätte sein Geld darauf verwettet, dass Brians Cord-Jackett noch immer dasselbe war, das er am Tag von Jacks Abschied getragen hatte. Die Flicken an den Ellenbogen waren vielleicht neu.

"Sorry, dass wir 'Hi' und gleich wieder 'Bye' sagen müssen", begrüßte ihn Hannah. "Aber Gouverneur Scott hat gestern Abend zwei weitere Hinrichtungsbefehle unterschrieben. Wir sind unterwegs zum FSP, um unseren Mandanten zu treffen."

Jack erinnerte sich an diese Touren ins Florida State Prison. So hatte er seinen besten Freund kennengelernt, Theo Knight, der einzig wirklich Unschuldige, den Jack in seiner Zeit im Institute je verteidigt hatte. "Gute Fahrt", wünschte er.

"Willst du mit?", fragte sie.

"Nein."

"Sicher?"

Jack hätte beinahe "Todsicher!" geantwortet, besann sich aber gerade noch. "Ich bin mir sicher."

"Na gut. Du weißt, wo die Kaffeequelle steht. Achte darauf, dass du abschließt, wenn du gehst. Bei dreien unserer Nachbarn wurde diesen Monat schon eingebrochen."

"Muss ich eine Alarmanlage einschalten?" Sie gluckste. "Warst du so lange weg? Wir haben Glück, wenn wir den Schalter drücken und das Licht angeht."

Er wusste, dass das Geld knapp war; es war einer der Gründe, weshalb er zurückgekommen war.

Sie marschierten in einer Reihe an ihm vorbei und durch die Tür. Dabei sahen sie weniger wie die fähigen Anwälte aus, die sie waren, und eher wie eine Truppe knuffiger Außenseiter, die das für ein Spiel hielten. Es war nicht wirklich notwendig für sie, den ganzen Weg ins Florida State Prison zu fahren; die Anwesenheit dort war ein Überbleibsel aus alten Tagen, als Neil kurz vor den Hinrichtungen Mahnwachen vor dem Gefängnis organisiert hatte. Damals, zu Zeiten eines uralten elektrischen Stuhls, der zu technischen Problemen neigte, was in brennenden Köpfen und verzerrten purpurnen Gesichtern resultierte, zogen sie manchmal hundert oder mehr leidenschaftlich erzürnte Demonstranten an. In letzter Zeit waren es im Grunde immer nur Hannah, Eve und Brian.

Die Tür fiel ins Schloss, und Jack war allein. Er hatte darum gebeten, dass keine Fanfaren zu seiner Rückkehr erschallen sollten, und dank Gouverneur Scott hatten seine alten Freunde dieser Bitte mehr als entsprochen.

Er stellte seinen Aktenkoffer ab und schaute sich um. Das historische Gebäude am Miami River hatte sich kaum verändert. Das Foyer diente gleichzeitig als Lagerraum für alte Fallakten, ein Karton stapelte sich auf den nächsten. Die untersten gaben unter dem Gewicht der abgelehnten Anträge auf Hinrichtungsaufschub bereits nach, ihre Deckel waren zu einem traurigen Lächeln verformt. Der alte Wohnraum war der Empfangsbereich und gleichzeitig Arbeitsplatz der Sekretärin. Das Esszimmer, der Wintergarten und ein Schlafzimmer im Erdgeschoss dienten als Büros für die Anwälte. Die Möbel schrien förmlich "Flohmarkt" – Stühle, die nicht zueinanderpassten, und Tische, die mit einem Kartendeck unter einem Bein stabilisiert waren. Die Küche mit Originaleinrichtung aus den Sechzigern war nicht nur der Ort, an dem die Anwälte und Angestellten ihre mitgebrachten Sandwiches verspeisten, sie diente auch als primärer (und einziger) Konferenzraum. An der Wand über der Kaffeemaschine hing dasselbe gerahmte Foto von Bobby Kennedy, das einst in Neils Studentenzimmer in Harvard gehangen hatte.

Es machte Jack traurig. Neil war der erste Freund, für den Jack je eine Trauerrede gehalten hatte, und seine Witwe hatte Jack beim Wort genommen, als er sie nach der Beerdigung zur Seite genommen und ihr gesagt hatte: "Wenn es jemals etwas gibt, was ich für dich tun kann ..."

"Nun, es gibt da eine Kleinigkeit", hatte sie erwidert.

Sarahs Mission für Jack hatte darin bestanden, in Neils Fußstapfen zu treten. Jack war nicht interessiert. Er arbeitete erfolgreich als Einzelanwalt. Doch als es eine Frage des Überlebens für das Institute geworden war, hatte er einen Kompromiss geschlossen. Seine Kanzlei hatte er in Coconut Grove gehabt, also nahm er sein Schild "Jack Swyteck, Rechtsanwalt" und zog in seine alte Wirkstätte und übernahm Neils Büro. Offiziell war er kein Teil des Freedom Institutes, nur ein Untermieter. Doch Jacks monatlicher Scheck würde das Institute davor bewahren, in Konkurs zu gehen.

Sein Handy klingelte. Es war seine Frau.

"Wann kommst du nach Hause?", fragte Andie.

"Ich bin gerade erst angekommen."

"Ich habe einen Protein-Shake über meine ganze

Waffenreinigungsunterlage verschüttet. Kannst du auf dem Heimweg durch die Innenstadt fahren und mir eine neue kaufen? Johnsons Waffengeschäft ist der einzige Laden, der die Unterlage führt, auf der die Umrisse für alle Teile der Sig Sauer P250 abgebildet sind."

Jack kicherte.

"Was ist daran so witzig?"

"Ich weiß es nicht. Sollte eine schwangere Frau ihren Mann nicht für gewöhnlich losschicken, um Eiscreme oder Salz-und-Essig-Chips zu besorgen?"

"Mmm. Das klingt lecker."

"Welches davon?"

"Beides."

"Okay", sagte Jack. "Eiscreme, Kartoffelchips und eine Waffenreinigungsunterlage. Sonst noch etwas?"

"Wenn ich hier nur lange genug liege, fällt mir bestimmt noch was ein."

"Du langweilst dich, oder?"

"Zu Tode", sagte sie und seufzte.

FBI-Agent Andie Henning war im siebten Monat schwanger und seit vier Tagen temporär von ihrem Dienst im Miami-Außenbüro freigestellt. Ihre erste und zweite Schwangerschaft hatten in einer Fehlgeburt geendet. Diese Krankenhistorie, zusammen mit erhöhtem Blutdruck, hatte ihre Ärztin dazu veranlasst, ihr eine fünftägige Bettruhe zu verordnen.

"Sag mir, dass alles gut werden wird."

"Alles wird gut werden."

"Versprichst du es?"

"Ja. Und du wirst eine großartige Mutter sein."

"Nein, werde ich nicht. Was ist, wenn mein nächster Undercover-Auftrag sechs Monate dauert und ich es nicht einmal zu sehen bekomme, mein kleines ..."

"Stopp", unterbrach Jack sie. "Das FBI wird eine frischgebackene Mutter auf keinen sechsmonatigen Undercover-Einsatz schicken."

"Nun, das ist ein ganz eigenes Problem, oder nicht? Was, wenn die Jungs im Hauptquartier sich sagen: 'Oh, Henning spielt gerade Mama', und ich nichts anderes mehr tun darf, als Hintergrundchecks junger Single-Frauen durchzuführen, die sich meinen Job angeln wollen?" "Andie, deswegen hast du zu hohen Blutdruck. Atme, okay?" Ein weiteres Seufzen knarzte durch die Leitung. "Du hast recht."

"Geht es dir jetzt besser?"

"Triple Fudge Swirl."

"Was?"

"Das ist die Eissorte, die ich will."

Jack schmunzelte. "Triple Fudge, ganz wie du willst."


Jack arbeitete den ganzen Morgen in der Küche, welches der einzige Raum war, in dem die Klimaanlage kühle Luft ins Haus zu blasen schien. Er arbeitete ohne seine Sekretärin, Bonnie, der er den Tag freigegeben hatte, nachdem sie am Wochenende Überstunden gemacht hatte, um ihm beim Umzug zu helfen. Der alte Kühlschrank stieß ein nervtötendes Brummen aus, das Jack von Zeit zu Zeit mit einem kurzen Tritt gegen die Seite des Kühlschranks verstummen ließ. Die ganze Atmosphäre vermittelte nicht unbedingt den Eindruck einer kompetenten Rechtsvertretung. Jack fragte sich, was seine Mandanten wohl denken würden.

Daran hättest du denken sollen, bevor du eingezogen bist, Dummkopf.

Ein Auto hielt in der Auffahrt. Vermutlich hätte Jack es nicht einmal bemerkt, doch die Reifen kamen schlitternd auf dem knirschenden Kies zum Stehen. Die Wagentür wurde kräftig zugeschlagen, und das Geräusch von Schritten auf dem Gehweg verriet die Eile der Person. Ein drängendes Klopfen an der Tür folgte, das anhielt, bis Jack endlich öffnete. Eine attraktive Blondine in den Vierzigern stand auf der Veranda.

"Kann ich Ihnen helfen?", fragte er.

In der kurzen Zeit, die sie brauchte, um wieder zu Atem zu kommen, fiel Jack auf, dass ihr Auto ein Mercedes war und ihre Designerjeans und ihre Baumwollbluse, auch wenn sie leger wirkten, vermutlich nicht gerade vom Discounter stammten.

"Ich möchte zu Neil Goderich", sagte sie.

"Bedauerlicherweise ist Neil letztes Jahr verstorben."

Die Nachricht schien sie zu irritieren, wenn sie auch nicht direkt traurig wirkte, es zu hören. "Aber hier hat er gearbeitet, richtig?"

"Ja. Vierundzwanzig Jahre lang."

"Ich muss mit jemandem sprechen, der etwas zu sagen hat. Mr. Goderich war der Anwalt von Dylan Reeves."

"Wer ist Dylan Reeves?"

"Gouverneur Scott hat letzte Nacht seinen Hinrichtungsbefehl unterschrieben."

Das passte zu der plötzlichen Massenwanderung von Hannah und der Mannschaft. "Kennen Sie Mr. Reeves?"

"Ja. Ich meine, nein." Sie hielt inne, als würde ihr plötzlich bewusst werden, wie unzusammenhängend sie klang. "Um ehrlich zu sein, er wurde verurteilt, meine siebzehnjährige Tochter vergewaltigt und ermordet zu haben."

Jack wich einen halben Schritt zurück, verständnisvoll, aber vorsichtig. Ein Teil von ihm würde es für immer erstaunlich finden, dass die Angehörigen von Opfern nicht viel häufiger die Scheiße aus den Strafverteidigern rausprügelten.

"Ich bedauere Ihren Verlust sehr."

"Das brauchen Sie nicht", sagte sie.

"Tue ich. Aufrichtig."

"Nein, Sie verstehen nicht. Sashi ist nicht tot."

Jack glaubte, sich verhört zu haben. "Wie bitte?"

"Meine Tochter lebt."

"Wo ist sie?"

"Das weiß ich nicht. Aber Sashi lebt. Ich weiß, dass sie lebt. Und ich brauche Sie und Ihre Leute, um mir zu helfen, es zu beweisen, bevor man diesen Mann dafür hinrichtet, sie umgebracht zu haben."

"Also die Sache ist die ..." Jack unterbrach sich selbst.

"Die Sache ist was?"

Jack hatte sagen wollen, dass er im Grunde gar nicht für das Institute arbeitete, was genau das war, was er Andie erzählt hatte, als er versprochen hatte, dass er nie wieder an einem Fall aus der Todeszelle arbeiten würde. Aber das Versprechen hatte er wohl am Eingang abgeben müssen.

"Ich kenne noch nicht einmal Ihren Namen", sagte er.

"Debra. Debra Burgette."

"Kommen Sie rein, Debra. Wir sollten uns unterhalten."

CHAPTER 2

Jack führte Debra in die Küche und sprach, während sie gingen. "Ich weiß ehrlich nichts über Dylan Reeves' Fall", erklärte er. "Aber ich nehme an, dass die Polizei nie eine Leiche gefunden hat, wenn Sie mir erzählen, dass Sashi am Leben ist."

"Das stimmt", antwortete Debra. "Als die Staatsanwältin mir sagte, dass man Dylan Reeves des Mordes anklagen würde, war ich offen gestanden ziemlich überrascht. Ich hatte nicht gewusst, dass man das tun kann, bevor ein Opfer gefunden wurde."

"Es ist schwierig", sagte Jack, "insbesondere mit all den CSISendungen im Fernsehen. Die Geschworenen wollen objektive Beweise, etwas, was man anfassen kann, und sie wollen kriminaltechnische Experten, die ihnen genau erzählen, wann, wo und wie das Opfer starb. Deshalb gibt es Fälle wie Natalee Holloway, die Highschool-Schülerin aus Alabama, die auf Aruba verschwunden ist. Niemand wurde je angeklagt. Aber ein fehlendes Opfer bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine Verurteilung unmöglich ist."

Jack bot ihr einen Stuhl an und räumte seine Unterlagen vom Tisch. Der Kühlschrank brummte lauter als je zuvor, und Jack brachte ihn mit einem beherzten Tritt zum Schweigen. "Tut mir leid", sagte er zu Debra.

Ihr Blick wanderte durch den Raum. "Kein Problem. Das ist in etwa das, was ich erwartet habe."

Jack setzte sich ihr gegenüber. "Ich möchte es nicht unnötig schmerzhaft für Sie machen, aber könnten Sie ganz von vorn anfangen?" Debra sammelte sich, und der Ausdruck in ihren Augen war einer, den Jack vorher schon gesehen hatte: die Verzweiflung und der Unglauben, die eine Mutter begleiteten, die erzählen musste, was mit ihrem Kind geschehen war.

"Sashi verschwand an einem Freitag. Ich habe sie zur Schule gefahren, wie ich es jeden Tag getan habe. Der Verkehr staute sich viel schlimmer als üblich, wir haben uns keinen Meter bewegt. Sashi hatte Angst, dass sie zu spät kommen würde, also stieg sie vier Blocks von der Schule entfernt aus, um den Rest zu Fuß zu laufen." Sie holte tief Luft, bevor sie weitererzählte: "Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe. Es war ein schrecklicher Fehler."

Sie spielte das bekannte tödliche Spiel – sich selbst die Schuld geben.

"Möchten Sie etwas Wasser?", bot er an.

"Nein, es geht schon."

"Ist sie je in der Schule angekommen?"

"Nein. Die Schulleitung rief mich am Vormittag an und hinterließ eine Nachricht, dass sie in der ersten Stunde als fehlend eingetragen sei. Leider habe ich die Nachricht erst nach dem Mittagessen abgehört. Ich habe ihr Handy angerufen, aber sie ging nicht ran. Ich bin einige Plätze abgefahren, die zu Fuß von der Schule aus zu erreichen sind. Ich hoffte, dass sie vielleicht auf einen Test nicht vorbereitet gewesen war oder ihre Hausaufgaben nicht gemacht hatte und deshalb die Schule schwänzte. Ich habe sie nirgendwo gefunden. Schulschluss für die oberen Klassen war um drei Uhr, und das war der Moment, an dem ich anfing, ihre Freunde anzurufen. Niemand wusste, wo sie steckte. Was mir noch mehr Angst gemacht hat, war, dass niemand von ihnen sie auch nur in der Schule gesehen hatte – was bedeutete, dass sie nie dort angekommen ist."

"Hatte Sashi ein eigenes Auto?"

"Nein. Sashi war siebzehn, hatte aber keinen Führerschein, was auch nie ein Problem gewesen ist. Wir wohnen in Cocoplum. Dort gibt es Jogging- und Radwege, die meilenweit reichen."

"Ich kenne die Gegend. Ich bin früher an der Old Cutler Road gelaufen."

"Wunderschön und schattig, nicht wahr? Sashi hätte problemlos von der Schule nach Hause gehen können, wenn sie sich eine Stunde Zeit genommen hätte. Sie mochte lange Spaziergänge. Ich habe den ganzen Nachmittag damit zugebracht, ihre Lieblingsplätze abzuklappern: den Coffeeshop, den Park, den Teich unten im Matheson Hammock. Wenn sie wegen irgendwas bekümmert war oder nur ein wenig allein sein wollte, war es völlig normal für sie, einen dieser Orte aufzusuchen und zu tun, was auch immer Teenager stundenlang auf ihrem Handy tun. Als es dunkel wurde, und ich noch immer keine Spur von Sashi hatte, fing ich an, mir wirklich Sorgen zu machen."

"Haben Sie die Polizei gerufen?"


(Continues...)

Excerpted from Vor Der Wahrheit by James Grippando. Copyright © 2017 HarperCollins. Excerpted by permission of HarperCollins Germany GmbH.
All rights reserved. No part of this excerpt may be reproduced or reprinted without permission in writing from the publisher.
Excerpts are provided by Dial-A-Book Inc. solely for the personal use of visitors to this web site.

From the B&N Reads Blog

Customer Reviews